Kalkfabrik Netstal AG

Text und Bilder: Kurt Meyer

Oberlanggüetli, Koordinaten 723285 212915. Aufnahme vom Juni 2020
Oberlanggüetli, Koordinaten 723285 212915. Aufnahme vom Juni 2020
Aufnahme 2011
Aufnahme 2011

 

Seit der Eröffnung der Kalkbrennerei am Elggis im Jahre 1900 hat sich die Kalkfabrik Netstal AG (KFN) zu einem grossen Unternehmen entwickelt. Rund 50 Personen bietet es einen Arbeitsplatz.

Der Kalkstein wird terrassenweise im Tagebau gewonnen. Die durch Sprengen oder von einem Bagger gelösten Steine werden von grossen Muldenkippern zur Brechanlage gebracht. Riesige Backenbrecher zerkleinern den Kalkstein zwischen Stahlplatten. Über Förderbänder gelangen die Steine in die Steinbunker beim Ofen. In diesem wird der Kalkstein auf 1200 Grad erhitzt. Dabei wird Kohlensäure freigesetzt, und zurück bleibt der gebrannte Kalk. Der Ofen brennt Tag und Nacht, Sonntag und Werktag und produziert in einem Jahr rund 90'000 Tonnen Kalk.

Die KFN ist die einzige Herstellerin von Weisskalk-Produkten in der Schweiz. Dieser ist mit seiner Reinheit von einzigartiger Qualität über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Deshalb findet er in verschiedenen Branchen Verwendung.

Die Chemie setzt den gebrannten Kalk in der Verarbeitung oder als Grundstoff für Farben und Lacke, Klebstoffe, Kunststoffe, Füllstoffe, Gips, Papier und Zellstoff, Glas und Keramik ein.

Dank der ISO zertifizierten Reinheit verwendet die Lebens- und Futtermittelindustrie sowie Pharmabranche den Weisskalk der KFN bei der Herstellung ihrer Produkte. Es sind dies Back- und Getränkezusätze, Babynahrung, Tabletten und diätische Lebensmittel. Auch zur Entsäuerung von Trinkwasser kann Weisskalk eingesetzt werden.

In der Landwirtschaft optimiert der Weisskalk den pH-Wert der Böden und reichert den Nährstoffvorrat an. Der Boden wird aufgelockert und verschlammt auch nach starken Regenfällen nicht. Auch in der Tierhaltung dient der Netstaler Kalk zur Desinfektion und hilft Tierseuchen zu vermeiden. Die Futtermittel-Industrie setzt ihn als Zusatzstoff ein.

Im Umweltschutz hat der Kalk eine wichtige Funktion, werden mit ihm saure Schadstoffe aus Rauchgasen sowie Schwermetalle aus Abwässern gefiltert. Mehr als ein Viertel des produzierten Weisskalks dient dem Umweltschutz bei der Abwasserreinigung, der Filterung von Rauchgasen und Neutralisation von Schadstoffen in industriellen Abwässern.

 

Die Bauindustrie verwendet Kalk mit Beton und Asphalt zur Stabilität und Langlebigkeit im Strassenbau. Kalkhydrate sind die Basis für Kalkmörtel und Kalkputzen. Diese werden zur Isolation und beim Fliesenlegen eingesetzt. Bei der Restaurierung historischer Bauwerke kommt Kalk zur Anwendung. Kalk verbessert auch die Qualität des Stahls, bei dessen Herstellung.

 

Neuer Kalkschachtofen für die Kalkfabrik

Aufnahme Juni 2020
Aufnahme Juni 2020

Um diesen Kalk herzustellen, wird seit sechs Jahren nur noch ein Kalkschachtofen eingesetzt. Nach etwa zehn Jahren muss die feuerfeste Auskleidung des Ofens ersetzt werden, was einen monatelangen Stillstand und somit einen Produktions-unterbruch zur Folge hätte. Da es keine anderen Lieferanten gibt, die so hochwertigen Kalk liefern können, ist es für die Kunden der KFN wichtig, dass es zu keinen Versorgungsausfällen kommt. Bis zu seiner Stilllegung Jahr 2013 war der zweite ölbeheizte Ofen als Ersatz vorgesehen. Aus Gründen der Versorgungssicherheit entschloss sich das Unternehmen, einen Ersatzofen bauen zu lassen. Im Juni 2019 startet die KFN mit dem Bau eines neuen Kalkschachtofens. Ein 60 Meter hoher Baukran wird während Monaten auf dem Werksareal der Kalkfabrik stehen. Ende 2020 wird laut Planung der neue Ofen in den Betrieb gehen. Er wird zwischen zwei bereits bestehende Gebäude gebaut. Die Emissionen des mit Erdgas betriebenen Ofens liegen weit unterhalb der Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung. Die Investition für diesen Ofen beläuft sich auf 10 Mio. Franken.

Der neue Ofen wurde im Oktober 2020 in Betrieb genommen.
Der neue Ofen wurde im Oktober 2020 in Betrieb genommen.

Material-Seilbahn der Kalkfabrik Netstal

 

 Netstal hat eine neue Seilbahn bei der KFN

 

 

Von Fridolin Baumgartner nach Angaben von Hans Speck

 

 

Jeden Morgen führt mein erster Blick vom Schlafzimmer aus in Richtung «Elggis», «Bränntenwald» und «Gründen», dem künftigen Abbaugebiet der Kalkfabrik Netstal und ich erlebte den Beginn der Erweiterung von «Gründen» und «Elggis Süd» praktisch live, und somit auch die Arbeiten an der Material-Seilbahn und die Rodungen des Waldes, welche notabene firmenintern ohne den Einsatz von Helikoptern über die Bühne gingen. Die Kalkfabrik Netstal hat eines der grössten Projekte des Unternehmens in der jüngeren Vergangenheit umgesetzt: Die Erweiterung «Gründen» und «Elggis Süd». Mit diesem Vorhaben erschliesst die KFN neue Kalkvorkommen, um den Betrieb langfristig aufrecht zu erhalten und die Schweiz mit Kalk versorgen zu können.

 

 

Waldstrasse

 

Um das neue Gelände des Steinbruchs Gründen zu erschliessen, wurde in einer ersten Bauetappe die bereits bestehende Waldstrasse bis zum Abbaugebiet ausgebaut und mit den nötigen Sicherheitsmassnahmen erweitert. Damit konnte sowohl für die Baustelle wie auch für den zukünftigen Betrieb die Zufahrt mit den nötigen grossen Gerätschaften sichergestellt werden.

 

 

Installationsplatz

 

Direkt angrenzend an die vorhandene und ausgebaute Waldstrasse erstellte man im unteren Teil des neuen Abbaugebiets einen Installations- und Umschlagplatz. Dieser wurde rund 12 Meter im bestehenden Gelände versenkt, damit die darin entstehenden Emissionen abgeschirmt werden können. Zweck des Umschlags- respektive Installationsplatzes ist es, die aus dem Abbaugebiet gewonnenen Rohstoffe auf die Transportseilbahn umzuladen. Zudem diente dieser Platz während der Bauphase der Installation des Baumeisters sowie des Seilbahnherstellers.

 

 

Steinbruchstrasse

 

Ab dem Installationsplatz wurde eine neue Werkstrasse im neuen Abbaugebiet erstellt, welche über mehrere Kehren an den obersten Punkt des Abbaugebiets «Gründen» führt. Dort wird der zukünftige Abbau starten. Diese Werkstrasse wird so ausgebaut, dass sie jederzeit mit den im Betrieb vorhandenen Transportmaschinen sicher befahren werden kann.

 

 

Bergstation

 

Bergseits der Seilbahn wird der Verlad des Abbaumaterials in einem geschlossenen Gebäude erfolgen. Diese Bergstation soll in den vorgängig erstellten Installationsplatz so integriert werden, sodass von der Talsohle aus nur die Einfahrtsöffnung der Seilbahn ersichtlich ist. Seitlich wird das Gebäude komplett von den Felswänden des vertieften Installationsplatzes umgeben. Das gesamte Gebäude inklusive der Dachkonstruktion ist in massivem Stahlbeton gebaut worden. Zur Abschottung der Einfahrtsöffnung der Bahn wurde talseits ein massives Lärmschutztor eingebaut, welches nur bei der Ein- und Ausfahrt der Bahn geöffnet wird.

 

 

Talstation

 

Die Talstation der Materialseilbahn befindet sich im Areal der Kalkfabrik Netstal direkt neben der Materialaufgabe der Kalkschachtofen-Anlage. Damit kann sichergestellt werden, dass keine unnötig langen Transporte auf dem Areal anfallen. Gebaut ist die Talstation mehrheitlich in Stahlbeton und überdeckt wird sie mit einem Stahldach. Der Materialabwurf erfolgt im Inneren der Station und wird somit mehrheitlich von der Umwelt absorbiert.

 

 

Seilbahn

 

Die Seilbahn ist als reine Materialseilbahn ausgebildet. Das Gesamtgewicht des beladenen Fahrzeuges beträgt rund 30 Tonnen und wird auf zwei seitlichen Tragseilen geführt. Wegen der Topografie wurden auf der Strecke zwei Gittermaststützen platziert, welche sich direkt an der Grenze des heutigen Steinbruchs Elggis befinden. Betrieben wird die Bahn mittels elektrischen Antriebs in der Talstation. Da Materialtransporte nur talwärts vorgesehen sind, erzeugt die Bahn mehr Energie als sie bezieht.

 

 

 

Inbetriebnahme

 

Nach den effektiven Bauarbeiten an den Strassen und der Materialseilbahn erfolgte eine intensive Inbetriebnahme sämtlicher Komponenten. Damit ist sichergestellt, dass alle Sicherheitseinrichtungen einwandfrei funktionieren und das Betriebspersonal auf der neuen Anlage geschult ist. Dazu wünschen wir der KFN viel Glück, prosperierende Erfolge und vor allem unfallfreie Jahre. 

 

 

 

Die nachfolgenden technischen Angaben durften im Einverständnis mit den Firmeninhabern publiziert werden:

 

 

Technische Daten zur Material-Seilbahn der KFN

 

Stützenhöhe Stütze 1                           19 Meter

Stützenhöhe Stütze 3                           31 Meter

Gewicht Stütze 1                                  48 Tonnen

Gewicht Stütze 2                                  57 Tonnen

Tragseil-Durchmesser                        68 mm        

Gewicht Tragseilschuh Talstation           10 Tonnen                                 

Höhendifferenz Seilbahn                    209 Meter

Streckenlänge Seilbahn                      734 Meter

Leergewicht «Fahrzeug»                       15 Tonnen

Gesamtgewicht «Fahrzeug»                  40 Tonnen

 

Nettostromproduktion ca.                      ca.40'000 kWh /Jahr                            

 

 

 

 

Link zur Geschichte der Kalkfabrik

 

 

Aufnahme vom 25. August 2017
Aufnahme vom 25. August 2017

Weitere Bilder zur Entwicklung der Kalkfabrik

Kalkfabrik vom Buchholz aus im Jahre 1998
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Aufnahme 2011
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Kalkfabrik von der Seilbahnstation aus im Jahre 2011
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Kalkfabrik vom Buchholz aus, Aufnahme vom 29. April 2017
Kalkfabrik vom Buchholz aus, Aufnahme vom 29. April 2017
Kaklfabrik von der Seilbahnstation aus, Aufnahme vom 30. April 2017
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Aufnahme vom 9.9.2020
Aufnahme vom 9.9.2020
Chalchi von der Wiggisnase aus
Chalchi von der Wiggisnase aus
Aufnahme vom Juni 2020
Aufnahme vom Juni 2020

 

Die Terrassen im Laufe der Zeit

Bilderbogen von Kurt Meyer

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