Das Kloster von Netstal
von Hans Speck
„Äs Chloschter z’Netschtel - jetz muesch mer säge, wo!“ Kürzlich war ein Arbeitskollege bei mir zu Hause und bei einem guten Glase Rotwein kamen wir auf Wegenamen und diverse Örtlichkeiten in unserem Dorf zu sprechen. Allerspätestens bei der Erwähnung des Klosters unterbrach mein Kumpel die Unterhaltung und wollte exakt wissen, wo denn überhaupt dieses Kloster gestanden habe. Dank einer Abschrift, die ich von alt Landammann Fritz-Weber-Worni kürzlich erhalten habe, konnte ich den Wissendurst meines unerbittlichen Fragestellers befriedigen.
Das “Kloster“ in Netstal stammt vermutlich aus der Säckingerzeit. Es handelte sich dabei um ein eher düsteres Riegelhaus, welches beim Bühl mitten im Dorf stand. Dass es der Äbtissin bei ihren Besuchen im Glarnerland als “Erfrischungsabsteige“ vor dem Einzug in Glarus diente, ist urkundlich nicht belegt. Die Äbtissin war aufgrund urkundlicher Belege tatsächlich verpflichtet, alle vier Jahre nach Glarus zu reisen. In einer Urkunde vom 17. April 1372 wird vermerkt: allwegen je an dem vierden jare mit ir selbs zwelf elber manen unser lantlüten zu Glarus, die in dem lande zu Glarus gesessen sint zu erwählen. Ein Ausbleiben der Äbtissin oder ihrer Bevollmächtigten war durch ein besiegeltes Zeugnis des Konvents zu begründen, ansonsten die Landleute ihrer Leistungen entbunden waren. Von den Zwölf ist auch in Urkunden vom 8. Januar 1341 und vom 5. Februar 1372 die Rede.
Das Haus könnte geografisch zwar an der alten ehemaligen Reichsstrasse gelegen haben. Das Zentrum der klösterlichen Macht war der “Dinghof“, der heutige “Spielhof“ in Glarus. Weiter ist zu berücksichtigen, dass Klöster weit verstreute Besitzungen besassen und Säckingen nicht unbedingt für die Namensgebung dieses Hauses in Frage kommt. Das Haus könnte ebenso gut Grundeigentum eines anderen Klosters, wie beispielsweise Einsiedeln, Pfäfers oder Weesen gewesen sein. Gefunden im Haus an der heutigen Landstrasse beim Bühl, in der Nähe der Auto Sauter AG, wurde seinerzeit eine wundervolle Basler Standesscheibe, die heute im Historischen Museum in Basel aufbewahrt wird.
Im Jahre 1600 wurde das Haus von Landammann Hans Heinrich Schwarz (gest. 1621) bewohnt. Da dieser Besitzer des Eisenbergwerkes im Klöntal war, nannte man ihn den “Eisenherr“. Im Jahre 1880 wohnten dreissig Personen im “Kloster“, im Hause waren aber nur drei Küchen vorhanden.