Von Hans Speck
Die nachfolgende Geschichte hat uns vor Jahren die Mutter meines Freundes Urs erzählt. Ich jedenfalls konnte mich an diese nicht mehr erinnern. Kein Wunder, waren doch mein Freund und ich am Tage des Geschehens im wahrsten Sinne des Wortes Dreikäsehoch.
Wieder einmal waren die Gebirgsfüsiliere des Bataillons 85 in Netstal eingerückt. Die ersten Tage verbrachten die Offiziere und Soldaten in und um unser Dorf. Das Interesse von uns zwei Knirpsen für das Militär war, wie könnte es anders sein, riesig. Schliesslich wollten wir beide auch einmal wackere Schweizer Soldaten werden. Das war schon damals beschlossene Sache. So kam es, dass wir das emsige Treiben der einrückenden Soldaten auf dem Schulhausplatz, dem Rothaus- und dem Rathausplatz mit Argusaugen mitverfolgten; erst auf dem Schulhausplatz, später dann auf den verschiedenen Arbeitsplätzen, auf dem Turnplatz in der Hintern Allmeind und bis hinüber zur Altigerrunse. Keiner von uns beiden hatte bemerkt, dass wir eigentlich längstens zu Hause am Mittagstisch hätten sitzen sollten. Nicht einmal das Läuten der Kirchenglocken um Punkt zwölf Uhr mittags hatten wir mitbekommen.
Zu Hause war in der Zwischenzeit aber die Hölle los. Meine Mutter und die Mutter meines Freundes Urs starteten besorgt eine Suchaktion. Passanten auf der Strasse
wurden angefragt, ob sie zwei kleine Buben in Spielhosen gesehen hätten. Sogar das Einschalten der Polizei wurde in Erwägung gezogen. Zum Glück hatten wir damals im Dorf einen aufmerksamen
Schuhmacher, dem praktisch gar nichts entging. Schuhmacher Röbi Rüegg hatte uns irgendwann erschwiggt und gesehen, dass wir mit Soldaten durch die Geissgasse in Richtung Turnplatz gingen.
Erleichtert von dieser Meldung eilten meine und die Mutter meines Freundes in Richtung Turnplatz. Und da kamen sie, die beiden Ausreisser, an den Händen geführt von zwei 85iger Soldaten.
Gleichzeitig mit der Übergabe an die beiden Mütter endet die Geschichte. Ob die beiden Erzeuger Paul und Julius im Nachhinein noch Sanktionen ergriffen haben, weiss ich beim besten Willen nicht
mehr.