Von Hans Speck
Schlittenfahrten oder auf gut Glarnerdeutsch «Schlittle war zu meinen Jugendzeiten das ultimative Vergnügen im Winter. Ich erinnere mich gerne an die schönen Momente und Stunden, die wir auf rasanten Schlittenfahrten aus dem Klöntal, manchmal bei stockdunkler Nacht und nur mit Taschenlampen bewaffnet, eine breite Schneefahne nachziehend, bis ins Dorf Netstal erlebten. Doch dieses Vergnügen musste erst verdient werden. Der Fussmarsch vom Parkplatz beim Hotel St. Fridolin bis zum Restaurant Rhodannenberg dauerte je nach Witterung rund 1¾-Stunden, der nachfolgende Aufenthalt im Restaurant mindestens ebenso lange, so dass man sich nicht wundern musste, dass es manchmal Mitternacht wurde, bis wir alle wieder Zuhause waren. Dass sich meine Eltern bei unseren nächtlichen Ausflügen ins Klöntal Sorgen machten, kann ich heute nachvollziehen, damals aber überhaupt nicht.
Das Gekreische der Mädchen nervte
Besammlung unserer Schlittler-Gruppe war jeweils pünktlich um 18 Uhr beim Parkplatz vor dem Hotel St. Fridolin. Manchmal waren wir bis zu acht Jungs, die ihre Schlitten nachziehend den Weg hinauf über die Rütigasse – Staldengarten – Büttenen Ebene bis zum Restaurant Rhodannenberg am Klöntalersee fanden. Dazu gesellten sich manchmal auch ein paar Mädchen. Wir hatten es damals eigentlich gar nicht so gerne, wenn die sich uns anschlossen. Die schwatzten einfach zu viel und das Gekreische bei der Abfahrt gab uns manchmal wirklich auf die Nerven. Wir waren damals lieber unter uns. Ich betone bewusst «damals». Die Fahrt auf dem Schlitten ins Tal, meistens auf dem Bauch liegend und bis zu drei Schlitten mit den Füssen zusammengekoppelt, führte durch scharfe Kurven bis anfangs der Büttenen Ebene beim «Faulen Kopf». Von dort musste man ein Stück zu Fuss gehen. Am Ende der «Büttenen» führte die Fahrt weiter vorbei beim Restaurant Staldengarten über die Rütigasse hinunter nach Netstal. Dabei musste man, sozusagen als krönenden Abschluss einer rasanten Schlittenfahrt noch das «Tootä-Ränggli» beim Haus von Tina und Walter Dürrmüller bewältigen. Hatte man diese Kurve problemlos gekriegt und war der «Schlittweg» in gutem Zustand, konnte man praktisch bis vor das Hotel Sankt Fridolin fahren. Mein Schlitten hatte Platz für drei Personen. Deshalb war mein Gefährt entsprechend schwerer als die Ein- und Zweiplätzer-Schlitten. Für mich hatte dieser relativ grosse Schlitten, der von der Grösse her grösser als ich selbst war, einen beachtlichen Vorteil. So konnte ich manchmal statt einem sogar zwei Mädchen – da war ich dann allerdings schon ein paar Jahre älter – mit auf den Schlitten nehmen. Ich sass immer zuhinterst auf dem Schlitten und war sozusagen Steuermann und Bremser zugleich. Zugegeben, manchmal gab es auch heftige Stürze. Dank der manchmal meterhohen Schneeborde gab es da aber nie grössere Probleme. Sämtlich Stürze blieben ohne Folgen und der Spass war definitiv grösser als der Schmerz von kleinen, unbedeutenden Blessuren.
«Schlittlä» aus dem Klöntal – das war einmal!
Leider, muss man sagen! Seit einigen Jahren hat die Gemeinde Glarus, respektive ihre zuständigen Instanzen, den «Schlittlern» mit Unmengen von Splitt, Salz oder gar durch eine Schwarzräumung den Riegel geschoben. Es ist heute nicht mehr möglich, die Strasse ins Klöntal im Winter zum «Schlittlä» zu benützen. Für die wenigen Bewohner des Klöntals, von welchen die meisten wintertaugliche Fahrzeige mit Allradantrieb besitzen, mit denen man auch im tiefsten Winter ins Klöntal fahren kann, wäre dieses Vorgehen vermutlich gar nicht nötig. Das gab schon damals keine Probleme. Ehemalige Wirte vom Restaurant Rhodannenberg könnten das jederzeit bestätigen. Unfälle mit Autos hat es meines Wissens nie gegeben. Damals fuhren selten Fahrzeuge am Abend zu später Stunde noch ins Klöntal, und wenn trotzdem einmal ein Auto unterwegs war, sah man dessen Scheinwerfer schon von weitem. So konnten die «Schlittler» frühzeitig bremsen und das Fahrzeug vorbeilassen. Ich bin überzeugt, dass wäre bei etwas gutem Willen auch heute möglich. Bestimmt würden sich viele darüber freuen!