Der Osterhase und seine Spuren im Schnee

 

Von Hans Speck

 

Ostern ist das älteste christliche Fest und wird in der christlichen Welt als Neubeginn verstanden. Der Ostersonntag als Fest der Freude findet frühestens am 22. März und spätestens am 25. April statt. An diesem Tag feiert das Christentum die Auferstehung von Jesus Christus. Seit dem 17. Jahrhundert wird Ostern mit dem Suchen von bunt bemalten Ostereiern verbunden. Als Eierbringer gilt heute im deutschsprachigen Raum der Osterhase. Der Hase steht für die Fruchtbarkeit, da er bekanntlich mehrmals im Jahr Nachwuchs bekommen kann. Die Vorfreude bei den Kindern auf den Osterhasen ist riesig! Während dieser Zeit fangen die Kinderherzen wie vor Weihnachten wieder an, höher zu schlagen. Kaum sind Weihnachten und die Silvesterfeiern vorbei, laufen schon im Februar in den Einkaufszentren und Verkaufsläden die Vorbereitungen für das kommende Osterfest. In den prallgefüllten Regalen der Einkaufzentren und Verkaufsläden präsentieren sich Schokolade-Osterhasen in allen Grössen, buntbemalte Hühnereier und - als wäre es mit dem Osterhasen nicht schon genug - Schokolade- oder Nougateier, ebenfalls in allen Grössen. « Die süsseste Versuchung, seit es Schokolade gibt», heisst es dann auf bunten Werbeplakaten mit übergrossen Lettern. Fotos  zeigen mit Schokolade bekleckste Kinderlippen und einen Meister Lampe als Osterhasen, der in einer Krätze Eier transportiert.

Die Ostertage beginnen jeweils am Gründonnerstag, am Vorabend der Kreuzigung Christi. Diesem folgt der Karfreitag, der Todestag von Jesus Christus. Der Karsamstag dient der heutigen Gesellschaft vielfach dazu, in den von Schokolade-Osterhasen und buntbemalten Hühnereiern überquellenden Einkaufszentren und Verkaufsläden nochmals alle Körbe und Taschen mit genug Essbarem zu füllen. Man weiss ja nie, man könnte ja eventuell nach dem harten Fastentag am Karfreitag verhungern! Der grosse Freudentag ist aber der Ostersonntag. Dies nicht nur für die Erwachsenen, sondern auch für die Kinder, die an diesem Tag ihr Osternest, welches Meister Lampe in den frühen Morgenstunden irgendwo versteckt hatte, suchen dürfen. Der Ostersonntag ist auch das Fest der Freude über die Auferstehung von Jesus Christus  Die Ostertage finden dann definitiv ihren Abschluss am Ostermontag, Dieser Tag dient bei vielen dazu, sich von den Festivitäten zu erholen und zusätzlich angesetztes Bauchfett abzubauen.

 

Gerne erinnere ich mich an meine Jugendzeit. Als kleiner Junge musste ich immer am Ostersonntag vor dem Aufstehen vorgängig das Schlafzimmer meiner Eltern aufsuchen. Während ich wohlbehütet in Mutters Arme auf den Osterhasen wartete, nahm mein Vater seinen Ostersonntagsjob als Osterhase wahr.  Wie am Heiligen Abend das Christkind, war es Vaters Domäne, am Ostersonntag den Osterhasen zu spielen. Seine Aufgabe bestand darin, das von meiner lieben Mutter in aller Heimlichkeit vorbereitete Osternest so zu verstecken, dass es für mich als Dreikäsehoch beinahe unmöglich war, dieses zu finden. Je mehr Zeit ich beim Suchen brauchte, desto sichtbarer war die tierische Freude meines Erzeugers, weil ich das Nest nicht fand. Doch einmal an einem Ostersonntag kam ihm sein kleiner, aber ziemlich gefitzter Sprössling zuvor. 

Schon frühmorgens  – ich konnte vor lauter Nervosität wegen dem Osterhasen nicht mehr schlafen – wurde ich von Mutter ins eheliche Gemach zitiert. Vater war unterdessen aufgestanden und hatte sich angezogen. Mit dem Vorwand: «Ich muess nuch öppis erledigä», entfernte er sich aus dem Schlafzimmer. Kurze Zeit später tönte es unten von der Stube: «Hansli, chasch uufstuuh, dr Oschterhaas isch chu, chasch gu z’Oschternäscht sueche». Über Nacht vom Karsamstag auf den Ostersonntag hatte es wacker geschneit und als ich ins Freie trat, sah ich Spuren im Schnee, die nur von meinem Vater stammen konnten. Während dieser in der warmen Stube darauf wartete, dass sein Benjamin von der Suche zurückkam und ihn flehend um Hilfe bat, ihm doch beim Suchen zu helfen, ging ich den vorgelegten Spure meines Vaters nach, die geradewegs zu einer Holzbeige bei unserem Nachbar führte. Nach kurzem Suchen gings mit dem Osternest in den Händen zurück zum Vater, dem es vor lauter Überraschung, dass sein Sohn das vermeintlich perfekte Versteck so schnell gefunden hatte, beinahe die Sprache verschlug. Nach meinem unmissverständlichen Hinweis: «Vater, äs hätte gschniit», gab sich mein Erzeuger vollends geschlagen. Für diesmal ging Klein-Hansemann als der klare Sieger hervor!