Von Hans Speck
Wir Netstaler dürfen uns rühmen, dass wir eines der schönsten Schwimmbäder in der Region haben. Sehr zur Freude der Bevölkerung, vor allem auch der Dorfjugend, beschloss die Tagwens-Gemeindeversammlung im Juni 1962, eine Wiese im «Goldigen» mit rund 16'000 Quadratmetern Land für ein Schwimmbad zur Verfügung zu stellen. Im gleichen Jahr begannen nach den Plänen des Freiburger Architekten Beda Hefti die Bauarbeiten. Am 27. Juni 1964 wurde die Badi zum ersten Mal zur Benützung freigegeben. Seither erfreut sich die Badi im «Goldigen» grosser Beliebtheit. In einer einmaligen Landschaft, umgeben von der gewaltigen Kulisse der Glärnischkette und dem Netstaler Hausberg Wiggis, erleben die Gäste Sun und Fun pur.
Von einer eigenen Badi konnten wir Jungs damals nur träumen. Es gab zwar ein Schwimmbad im nahegelegenen Glarus. Dort fuhr meine sieben Jahre ältere Schwester Käthi mit dem Velo und mir auf dem Gepäckträger ab und zu hin. In der Glarner Badi habe ich das Schwimmen gelernt. Trotzdem gurkte es mich jeweils gewaltig an, mich in der Mädchenkabine umzuziehen, schliesslich war ich ja ein kleiner Junge und das Mädchengeschwafel gab mir sowieso auf die Nerven. Ja, ich gebe es zu: Ich hatte keine grosse Freude, mit meiner Schwester nach Glarus in die Badi zu fahren. Ich erinnere mich, dass ich von meiner Schwester einmal eine Ohrfeige bekam, weil ich mich wieder einmal aus lauter Protest weigerte, mich in der Mädchenkabine umzuziehen. So wird man verstehen, dass ich es vorzog, mit meinen Schulkameraden auf das Naherholungsgebiet «Schlatt» hochzusteigen, um dort im gleichnamigen Bach die nötige Abkühlung zu finden. Wir Jungs wussten, dass es oberhalb der Schlattbachbrücke einen Ort gab, wo bereits ein kleiner See vorhanden war, der viele Jahre zuvor schon von Erwachsenen und Kindern an heissen Sommertagen zum Baden benutzt worden war. Um diesen kleinen See zu vergrössern, stauten wir mit kleineren und grösseren Steinen, Ästen und Schotter das abfliessende Wasser. Aus dem kleinen «Gunten» wurde ein richtiges kleines Schwimmbad. Im Gegensatz zur Badi in Glarus war das Wasser vom Schlattbach eiskalt. Die Kälte konnte uns damals aber nichts anhaben. Als kleine «Mäser» waren wir Sommer und Winter den ganzen Tag bei Wind und Wetter draussen beim Spielen. Das war wohl auch der Grund, dass wir ziemlich abgehärtet und kälteresistent waren. Bei unserer «Schlatt-Badi» gab es eine klitzekleine Stelle, wo wir problemlos von einer Felsenkante aus ins kühle Nass springen konnten. Das Wasser war dort tief genug. Und so waren der «Schlatt» und sein Bach während vielen Jahren für Gross und Klein ein wunderbarer Ort für Sun, fun and nothing to do.
Für Abkühlung an heissen Sommertagen sorgte aber nicht nur der Schlattbach, sondern auch unsere zahlreichen Brunnen im Dorf. Unser Favorit war der Dorfbrunnen bei der alten Post ganz in der Nähe der katholischen Kirche. Dort planschten und spritzten wir so, dass manchmal vorbeifahrende Fahrzeuge von unseren Spritzorgien etwas abbekamen. Ein anderer Brunnen, bei dem wir uns in den heissen Tagen gerne vergnügten, war der Brunnen bei der Metzgerei Kamm-Vogel. Allerdings hatte Frau Eleganti, so hiess die Frau, die in der Nähe des Brunnens wohnte, an unserer Planscherei und Spritzerei überhaupt keine Freude. Sie wurde immer fuchsteufelswild, wenn einer von uns mit einem Finger die Brunneröhre zuhielt, so dass es weitherum spritzte. Und je mehr Frau Eleganti sich über unser Tun aufregte, desto mehr wurde sie von uns provoziert. Das war natürlich nicht in Ordnung, aber sagen Sie das mal einem Buben, der 10 Jahren alt ist. Es kam dann soweit, dass sich Frau Eleganti bei meinem Vater beschwerte: Ich sei der Anführer und der grösste Lausbub in der Nachbarschaft. Das war natürlich weder für meinen Vater noch für mich etwas Neues. Es blieb bei einer Ermahnung meines Vaters und für einmal musste ich nicht wie sonst, wenn ich wieder Mist gebaut hatte, «uhni Znacht i z’Bett».