Episoden aus dem Turnunterricht

Von Kurt Meyer

 

 

Schule ohne Turnunterricht

Da es an der Primarschule in Betschwanden keinen Turnunterricht gab – drei Stunden Turnen an der Volksschule wurden erst später obligatorisch – musste ich meinen Bewegungsdrang in meiner Freizeit ausleben. Im Sommer war ich oft auf dem Spielplatz der Schule, wo wir Knaben Fussball spielten. Im Winter übten wir uns auf dem nahen Abhang im Skifahren. Schnee hatte es immer in Hülle und Fülle. Nur der Föhn konnte mich an der Ausübung meines liebsten Hobbys hindern. Bei diesem warmen Wind wurde der Schnee so klebrig, dass an ein Skifahren nicht zu denken war.

 

«Fussballspielen verboten!»

Schon in meiner Seminarzeit habe ich mir vorgenommen, dass meine künftigen Schülerinnen und Schüler alles das, was ich an der Schule, den Sport betreffend, nicht bekommen hatte, bekommen sollten. Ich liebte das Turnen und da vor allem das Spielen mit dem Ball. Viele Buben waren begeisterte Fussballer. Ich spielte immer mit, weil ich so die Stärken der Mannschaften etwas ausgleichen und die vermeintlichen Stare etwas zurückbinden konnte. Leider war das Fussballspielen in der alten Turnhalle verboten, was mich aber nicht daran hinderte, trotzdem dort Fussball zu spielen. Einmal stand der nicht besonders beliebte Schulwart in der Türe. Die Hände hatte er in die Hüften gestemmt und er sagte mit lauter und bestimmter Stimme: "Fussballspiel ist hier verboten!" Sofort hörten die Buben mit dem Spielen auf und warteten gespannt auf meine Reaktion. Ich erwiderte mit ebenso lauter Stimme: "Buben - weiterspielen!", was die Knaben noch so gerne taten. In meinen Augenwinkeln sah ich nur, wie der Schulwart im Gesicht rot anlief, rechtsumkehrt machte und die Türe ins Schloss schmetterte. Die Knaben hatten an meiner Reaktion grosse Freude, der Abwart weniger, denn er sprach sicher ein Vierteljahr lang kein Wort mehr mit mir. Mit meiner Ansicht, dass eine Turnhalle mit einem Fussballverbot keine richtige Turnhalle sei, konnte ich auch den Schulrat überzeugen und alle zerbrochenen Scheiben wurden durch solche ersetzt, die jedem scharfen Schuss standhielten.

 

Die Kletterstangen und ich

Durch meine in der Bubenzeit bevorzugten Sportarten bildeten sich bei mir kräftige und muskulöse Beine, während der Oberkörper etwas zurückblieb. Dies merkte ich, als ich es an der Sekundarschule Hätzingen im Turnen nicht schaffte, die Kletterstange zu erklimmen. Dies sollte meinen Schülerinnen und Schülern nicht passieren.

 

So übte ich mit ihnen immer wieder an diesen Stangen. Sie entwickelten einen gewissen Ehrgeiz und wollten wissen, wer am schnellsten die fünf Meter schaffte. Mein Kommando lautete: "Auf die Plätze - fertig - los!" Leider hatte ich nicht gesagt, dass ich die Uhr stoppen werde, wenn die obere Querstange berührt werde. Dario kletterte hinauf, berührte die Querstange und liess sich los. Eine Sekunde später knallte er neben mir unten auf den Boden. Er stiess nicht einmal einen Schmerzenslaut aus und antwortete auf meine Frage, warum er sich losgelassen habe, dass er gemeint habe, dass die Uhr erst gestoppt werde, wenn man wieder unten sei.

   

Es war für die schwachen Kletterer ein kleiner Trost, wenn ich ihnen eingestand, dass ich es in ihrem Alter auch nicht geschafft hatte, die Kletterstange zu erklimmen. Das Zugeständnis, dass ich mich dafür geschämt und mein Ziel erst in der Sekundarschule erreicht hatte, ermutigte sie, immer wieder zu üben - wenn ich noch nicht in der Turnhalle war oder auf dem Sportplatz hinter dem Schulhaus. Heute sind diese Geräte weder auf Sportplätzen noch in Turnhallen zu finden, weil sie angeblich zu gefährlich sind.

 

 

 Ja, die Zeiten ändern sich.....................

 

 

zurück